Ich habe lange am Rande des Sees gesessen und auf
seine spiegelglatte Oberfläche gestarrt. Es stimmt schon, was man über
den See sagt. Er raubt einem alle Hoffnung. Das Wasser schimmert schwarz
und scheint mich zu rufen. Ich soll eintauchen in seine dunklen Tiefen,
die kein Lichtstrahl je erreichen wird. Aber seine Kälte stößt mich ab.
Eirik
sagt, dass er aus all den vergossenen Tränen besteht, die aus Leid und
Trauer geflossen sind. Und je länger ich hier sitze, umso mehr fühle
ich, dass er Recht hat. Der See wirkt wirklich sehr traurig.
Über
mir strahlt der Himmel von tausend Sternen wieder, aber im See spiegelt
sich nicht ein einziger davon. Nicht einmal der Vollmond kann mit seinem
Licht diese Dunkelheit durchdringen.
Ich
kann diese Stille nicht mehr ertragen und werfe einen Kieselstein in
das völlig unbewegte Wasser. Ein dumpfes „Plopp“ und schon haben die
schwarzen Wogen den kleinen weißen Kiesel verschluckt. Langsam läuft ein
Wellenring zu den Ufern, danach ist das Wasser wieder still. Jeder
Hinweis auf den Stein, der die Oberfläche durchschlagen hat, wieder
verschwunden. Als ob es den Stein nie gegeben hätte.
Überhaupt
ist es hier verdammt still. Auch im wärmsten Sonnenschein hört man hier
keine Vögel zwitschern. Und in dieser Nacht ist nicht das kleinste
Rascheln in den Bäumen und auf dem Boden zu hören.
Oerdal
hat behauptet, dass das Wasser des Sees keine Boote trägt. Wenn ich so
darüber nachdenke, dann scheint mir das glaubhaft. Der Boden rings um
den See ist voller Blätter und Zweige von den alten Eichen, die seine
Ufer säumen, doch auf dem Wasser schwimmt nicht ein einziges Blatt.
Ich
möchte fühlen, ob es sich anders anfühlt, dieses alles verschlingende
Nass. Ich möchte meine Finger über das Wasser gleiten lassen und dann
eintauchen, um zu spüren, ob es wirklich so kalt ist. Ich hocke mich
gerade hin, als Zeus ein laut vernehmliches Wiehern ausstößt. Beinahe
hätte ich alles um mich herum vergessen.
Ich
hatte Zeus schon einige Meter vor dem See an einen Baum gebunden, weil
er scheute und sich keinen Schritt weiter auf das unheimliche Gewässer
zu bewegen wollte. Und jetzt war es sein lautes Schnauben, dass mich vor
der vernichtenden Kraft des Teiches rettete.
Ich
stand wieder auf und ging zu meinem treuen Hengst. Bevor ich durch den
dichten Eichenwald zu meinem geliebten Pferd gehe, werfe ich noch einen
kurzen Blick zurück auf die schwarzen Fluten und erhasche so gerade noch
einen kurzen Blick auf eine weiße Wölfin, die mich vom
gegenüberliegenden Ufer des Sees ins Auge gefasst hat. Ihr Blick hat
fast etwas menschliches. Mir läuft ein kalter Scheuer über den Rücken.
Mich
treibt es zurück in den Palast, an ein warmes Feuer im Kamin der großen
Halle und so schwinge ich mich auf meinen Zeus und reite zurück in die
sichere Festung hoch oben über dem See.
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